Der Insolvenzantrag ist abgegeben, der vorläufige Insolvenzverwalter hat uns seine Aufwartung gemacht. Aber was nun? Was ist das Wichtigste? Tausende Gedanken, tausende Ideen, tausende Aufgaben. Bankgespräche weiterführen, Unterlagen gehören aufbereitet, die Investorensuche muss weiter vorangetrieben und die Presse informiert werden, der Parkbetrieb muss weiter laufen, … Halt. Da war das Wichtigste auch schon. Der Parkbetrieb!
Der Parkbetrieb!
Untergegangen in einer Vielzahl von Gedanken, die einem durch den Kopf jagen. Unser Lebenstraum. 10 Jahre Vorbereitung. 2 Jahre Weltentor GmbH & Co.KG. Seit nunmehr einem Jahr schlaflose Nächte und kein Wochenende. Urlaub heißt schon seit langem: Arbeitswochenenden an anderen Orten als dem Meetingraum abzuhalten.
Der Park funktioniert nur, wenn wir Mitarbeiter haben.
Der Park funktioniert nur, wenn wir Mitarbeiter haben. Aber wir können uns keine mehr leisten. Wie reagieren die Angestellten jetzt? Gehen alle nach Hause? Wie können wir die Mitarbeiter bezahlen, wenn jetzt alles so knapp ist? Zum Glück gibt es dafür in der Insolvenz eine Möglichkeit. Wenn die Arbeitsagentur zustimmt, dann können wir das Insolvenzgeld vorfinanzieren. D.h.: Bei einer Insolvenz sind 3 Monatsgehälter durch das Insolvenzgeld gesichert. Wird es durch eine Bank vorfinanziert, bekommen die Mitarbeiter auch schon vor Abschluss des Insolvenz-Verfahrens – und fast ohne Verspätung – ihr Geld. Heute bin ich sehr froh und stolz, dass wir den Mitarbeitern diese Sonderleistung ermöglichen konnten, was zu diesem Zeitpunkt aber noch sehr ungewiss war.
Bei einer Insolvenz sind 3 Monatsgehälter durch das Insolvenzgeld gesichert
Leider gab uns die Agentur für Arbeit sehr rasch eine Absage bzgl. Kurzarbeit. Zu jung sei unser Unternehmen und zu unbedeutend hören wir hinter vorgehaltener Hand. Traurig, aber auch hier hätte die Politik etwas bewirken können. Also bleibt uns keine Wahl. Entlassungen! Ein sehr schwerer Schritt, der auch zu ersten Unstimmigkeiten innerhalb der Geschäftleitung führt. Wer muss gehen? Die alten Hasen oder die neuen Mitarbeiter. Die Fähigen oder die Unfähigen. Die Mitarbeiter mit sozialer Komponente oder die sozial gut Gestellten? Eine Entscheidung, die nicht leicht zu fällen ist und vor allem nicht leichtfertig gefällt werden darf. Ich wünsche es niemanden, dass mitzumachen. Aber wer sich dazu entschieden hat Unternehmer zu werden, muss auch da durch und hat wie ein Vater Verantwortung über seine Kinder und Familie zu übernehmen.
Ein Kernteam aus den Besten der Besten formen
Für mich ist eines schnell klar. Meine gesamten Ersparnisse stecken in dieser Firma, in diesem, meinem Lebenstraum. Wenn wir auch nur die geringste Chance haben wollen zu überleben müssen wir ein Kernteam aus den Besten der Besten formen, um danach wieder einen Neustart hinlegen zu können. Mein Kollege ist meiner Meinung. Wir müssen uns auf die Essenz unserer Firma besinnen und die fähigsten Mitarbeiter mitnehmen. Nur ca. 20 von zuletzt 74 festen und ca. 40 saisonalen Mitarbeitern werden nach unserem Plan übrig bleiben. Für uns alle ist das ein Schock! Aber mit diesen Topleuten könnten wir es nochmal schaffen. Leider teilt unser dritter Kollege nicht diese Meinung und nach beinahe 2 Tagen mühseliger Diskussion müssen wir uns auf eine Zwischenlösung einigen. Dies wird einer der letzten Todestösse für das Projekt Weltentor sein und ist mitunter einer der Gründe warum ich mich dann aus dem Projekt zurückgezogen habe. Drei Köpfe sind zwei zuviel (Doch dazu komme ich noch in einem späteren Artikel).
Mitarbeiterversammlung an der Hauptbühne
Wir fahren gemeinsam mit dem Verwalter auf das Gelände. Der Insolvenzverwalter Herr S. weiß, dass er nun gefragt ist. Gemeinsam halten wir, die drei geschäftsführende Gesellschafter, mit dem Verwalter an der Hauptbühne eine Mitarbeiterversammlung ab.
Die erste Frage einiger Mitarbeiter: „Wann bekommen wir unser Geld“. Die Löhne für den letzten Monat sind dieser Tage fällig. „Die Lohnzahlungen dürften sich verzögern. Die Voraussetzungen sehen aber gut aus, das wir innerhalb von 6-10 Tagen alles mit den Banken und der Arbeitsagentur geregelt haben“, erläutert Herr S. Doch das reicht den Mitarbeitern nicht. Sie sind sauer. Manche Mitarbeiter begleiten uns nun schon seit über einem Jahr. Und wegen 10 Tagen Verspätung beim Geldeingang wollen Sie jetzt die Arbeit niederlegen. Das tut weh. Um das Projekt so rasch und so weit umzusetzen war viel Arbeit notwendig. Das der Druck kurz vor der Eröffnung noch größer wird, hat jeder gewusst. Viele arbeiten sich auf, sind mit uns bis spät in der Nacht im Büro und frühmorgens wieder am Gelände.
Wenn ich aber auf unfertige Dächer, Bauzäune und schlecht angebrachte Schutzplanen schaue, dann verstehe ich die Aufregung nicht. Immer wieder werden Termine zugesagt und dann nicht eingehalten. Es ist wie ein Schlag in den Magen. Es fühlt sich an, als ob die Verzögerungen der letzten Wochen und Monate bereits mit dem Wissen des heute angekündigten Zahlungsverzuges geschehen sind. Die Moral ist am Boden. Als nun noch die bevorstehenden Kündigungen erwähnt werden ist es aus. Wir können einpacken, denke ich und ziehe mich in den Hintergrund zurück. Wir sitzen alle im gleichen Boot, und wenn wir uns in den nächsten Wochen nicht zusammenreißen, dann kentert es.
Ich entschließe mich, die Schadensbegrenzung nach außen zu machen. Es ist nun bald drei Stunden her, dass wir den Antrag im Amtsgericht abgegeben haben. Wie wir erst später erfahren sollten, berichtet das Radio schon kurz nachdem wir das Amtsgericht verlassen, dass der Themenpark geschlossen wird. Seit zwei Stunden läutet deshalb mein Telefon. Wenn wir es noch in die Abendnachrichten schaffen wollen, dann müssen wir schnell reagieren. Alle müssen wissen, dass wir weiter am Traum arbeiten. Ich greife zum Telefon und erwische den Redakteur vom Fernsehen…
21. Dezember 2009 at 16:40
Wenn eine Geschäftsführung ihre Firma Richtung Pleite steuert, dann ist es wohl logisch, dass die Mitarbeiter kaum noch Vertrauen zur Leitung haben können.
Solche Zitate (siehe oben) lassen das wahre Denken der Geschäftsführung über ihre ehemaligen Mitarbeiter gut erkennen. Das ist Motivation pur für die Mitarbeiter, stimmt´s!
Wenn man zwischen den Zeilen liest, erkennt man gut, wie es seit Langem schon um dass Schicksal des Weltentor bestellt sein musste.
Im 4.teil ist dann bestimmt zu lesen, dass der Untergang des WT nur den ehemaligen Mitarbeitern zuzuschreiben sei, da sie Unmotiviert waren.
23. Dezember 2009 at 22:05
Wir bedanken uns für das Kommentar. Ein Statement vorweg: „Die Mitarbeiter sind nicht schuld an der Insolvenz“. Aber wir erlauben uns die sanfte Kritik, die uns auch zusteht, dass vielleicht nicht jeder Mitarbeiter gleich engagiert an der Firma mitgearbeitet hat und nicht jeder Mitarbeiter alles für diese Firma gegeben hat.
Wir haben versprochen hier offen mit allen Gerüchten und Fakten umzugehen. Mit Ausnahme rechtlich sensibler Bereiche im laufenden Insolvenzverfahren werden wir das auch tun. In einer späteren Serie ab Frühjahr 2010 werden wir speziell auf Gründe der Insolvenz und des Scheiterns des Projekts Weltentor eingehen. Wir werden uns dann dem Thema „Mitarbeiter“ ausführlich widmen. Für alle unsere interessierten Leser, die nicht nahe in dem Unternehmen involviert waren haben wir oben das Kommentar eines ehemaligen Mitarbeiters exemplarisch Online gestellt, um einen Einblick in die emotionale Lage der Firma zur Zeit der Insolvenz zu geben.
Liebe Leserin, lieber Leser wer zwischen den Zeilen dieses Kommentars liest wird merken, dass der Mitarbeiter bereits innerlich gekündigt hatte und das sicher schon lange vor der Insolvenz! Den Hinweis das wir von der Geschäftsleitung die Firma „Richtung Pleite gesteuert“ haben, weisen wir auf das schärfste zurück. Durch mangelnde Kooperationsbereitschaft mit der finanzierenden Bank waren wir in dieser Phase gezwungen, noch einmal über € 200.000 an privaten Mitteln nachzuschießen. Ich glaube jeder versteht, dass das niemand macht, der nicht 100% von seiner Idee und der Firma überzeugt gewesen wäre. Das Kommentar des Mitarbeiters zeigt eben auch sehr deutlich wie wenig Einblick die Einzelnen über und in die tatsächlichen Abläufe hatten. Wir möchten hier aber noch einmal betonen, dass unter unseren Mitarbeiter auch wahre Schätze waren und wir mit diesen auch einen Neustart hätten hinlegen können. Jeder Laie wird verstehen, wenn statt geplanter 1000 Besuchern am Tag nur 200 kommen, eine Firma nicht mit der selben Menge an Mitarbeitern weitermachen kann. Deswegen hätten wir die Mitarbeiteranzahl an die Besucheranzahl anpassen müssen. Der Mitarbeiter, der das Kommentar geschrieben hat schreibt nicht für alle Mitarbeiter, sondern egoistischer weise nur für sich selbst, denn die Firma hat ihm nichts bedeutet. Viele Mitarbeiter waren erst sehr kurze Zeit in der Firma (manche nicht einmal 2 Monate) und glauben nur durch Gerüchte und Konspiration alles Hintergründe zu kennen und unsere Motive verstanden zu haben. Das hier drei Familien ihr gesamtes Hab und Gut, ihren Lebenstraum und vielleicht einen Teil ihrer Zukunft verloren haben ist scheinbar nebensächlich. Heute können wir solchen Kommentaren zum Glück sehr gelassen begegnen. Im Rückblick können wir die Situation und Entscheidungen für uns aufarbeiten, um in unserem zukünftigen Weg weiter zukommen. Wir finden es sehr bedauerlich, dass viele ehemalige Mitarbeiter nicht diesen selbstkritischen Weg gehen wollen oder können. Jeder sollte sich vielmehr die Frage stellen was er/sie hätten besser machen können, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Würden dies alle tun, so gäbe es aber vermutlich keine Arbeitnehmer mehr, sondern nur mehr Unternehmer.
14. Dezember 2009 at 23:23
Hallo zusammen,
liebes Weltentor-Team – wir haben uns mal in Erfurt getroffen. Damals wegen einer potentiellen Zusammenarbeit (vielleicht erinnert ihr Euch, oder an das kleine blaue Buch). Danach hat es mich aber, zunächst aus Geldgründen, später wegen Projektbindung, doch in die andere Ecke Deutschlands getrieben. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich weiterhin sehr aufmerksam alles rund um das Projekt verfolge und gerade auch diese Zeilen über die Zeit danach sehr zu schätzen weiß – vor allen Dingen, wenn man gerade so eine schockierende Krisenzeit hinter sich hat und es dadurch verarbeitet. Hut ab und bitte weiter machen… 🙂
Viele Grüße,
Basti
23. Dezember 2009 at 21:04
Hi Basti,
ja, an dein Buch (hier klicken) können wir uns gut erinnern. Eine Pflichtlektüre für alle, die sich rasch in die Grundlagen einlesen müssen.
Liebe Grüße