Weltentor Bühne fotografiert von lucklum.de

Weltentor Bühne

Der Insolvenzantrag ist abgegeben, der vorläufige Insolvenzverwalter hat uns seine Aufwartung gemacht. Aber was nun? Was ist das Wichtigste? Tausende Gedanken, tausende Ideen, tausende Aufgaben. Bankgespräche weiterführen, Unterlagen gehören aufbereitet, die Investorensuche muss weiter vorangetrieben und die Presse informiert werden, der Parkbetrieb muss weiter laufen, … Halt. Da war das Wichtigste auch schon. Der Parkbetrieb!

Der Parkbetrieb!

Untergegangen in einer Vielzahl von Gedanken, die einem durch den Kopf jagen. Unser Lebenstraum. 10 Jahre Vorbereitung. 2 Jahre Weltentor GmbH & Co.KG. Seit nunmehr einem Jahr schlaflose Nächte und kein Wochenende. Urlaub heißt schon seit langem: Arbeitswochenenden an anderen Orten als dem Meetingraum abzuhalten.

Der Park funktioniert nur, wenn wir Mitarbeiter haben.

Der Park funktioniert nur, wenn wir Mitarbeiter haben. Aber wir können uns keine mehr leisten. Wie reagieren die Angestellten jetzt? Gehen alle nach Hause? Wie können wir die Mitarbeiter bezahlen, wenn jetzt alles so knapp ist? Zum Glück gibt es dafür in der Insolvenz eine Möglichkeit. Wenn die Arbeitsagentur zustimmt, dann können wir das Insolvenzgeld vorfinanzieren. D.h.: Bei einer Insolvenz sind 3 Monatsgehälter durch das Insolvenzgeld gesichert. Wird es durch eine Bank vorfinanziert, bekommen die Mitarbeiter auch schon vor Abschluss des Insolvenz-Verfahrens – und fast ohne Verspätung – ihr Geld. Heute bin ich sehr froh und stolz, dass wir den Mitarbeitern diese Sonderleistung ermöglichen konnten, was zu diesem Zeitpunkt aber noch sehr ungewiss war.

Bei einer Insolvenz sind 3 Monatsgehälter durch das Insolvenzgeld gesichert

Leider gab uns die Agentur für Arbeit sehr rasch eine Absage bzgl. Kurzarbeit. Zu jung sei unser Unternehmen und zu unbedeutend hören wir hinter vorgehaltener Hand. Traurig, aber auch hier hätte die Politik etwas bewirken können. Also bleibt uns keine Wahl. Entlassungen! Ein sehr schwerer Schritt, der auch zu ersten Unstimmigkeiten innerhalb der Geschäftleitung führt. Wer muss gehen? Die alten Hasen oder die neuen Mitarbeiter. Die Fähigen oder die Unfähigen. Die Mitarbeiter mit sozialer Komponente oder die sozial gut Gestellten? Eine Entscheidung, die nicht leicht zu fällen ist und vor allem nicht leichtfertig gefällt werden darf. Ich wünsche es niemanden, dass mitzumachen. Aber wer sich dazu entschieden hat Unternehmer zu werden, muss auch da durch und hat wie ein Vater Verantwortung über seine Kinder und Familie zu übernehmen.

Ein Kernteam aus den Besten der Besten formen

Für mich ist eines schnell klar. Meine gesamten Ersparnisse stecken in dieser Firma, in diesem, meinem Lebenstraum. Wenn wir auch nur die geringste Chance haben wollen zu überleben müssen wir ein Kernteam aus den Besten der Besten formen, um danach wieder einen Neustart hinlegen zu können. Mein Kollege ist meiner Meinung. Wir müssen uns auf die Essenz unserer Firma besinnen und die fähigsten Mitarbeiter mitnehmen. Nur ca. 20 von zuletzt 74 festen und ca. 40 saisonalen Mitarbeitern werden nach unserem Plan übrig bleiben. Für uns alle ist das ein Schock! Aber mit diesen Topleuten könnten wir es nochmal schaffen. Leider teilt unser dritter Kollege nicht diese Meinung und nach beinahe 2 Tagen mühseliger Diskussion müssen wir uns auf eine Zwischenlösung einigen. Dies wird einer der letzten Todestösse für das Projekt Weltentor sein und ist mitunter einer der Gründe warum ich mich dann aus dem Projekt zurückgezogen habe. Drei Köpfe sind zwei zuviel (Doch dazu komme ich noch in einem späteren Artikel).

Mitarbeiterversammlung an der Hauptbühne

Wir fahren gemeinsam mit dem Verwalter auf das Gelände. Der Insolvenzverwalter Herr S. weiß, dass er nun gefragt ist. Gemeinsam halten wir, die drei geschäftsführende Gesellschafter, mit dem Verwalter an der Hauptbühne eine Mitarbeiterversammlung ab.

Die erste Frage einiger Mitarbeiter: „Wann bekommen wir unser Geld“. Die Löhne für den letzten Monat sind dieser Tage fällig. „Die Lohnzahlungen dürften sich verzögern. Die Voraussetzungen sehen aber gut aus, das wir innerhalb von 6-10 Tagen alles mit den Banken und der Arbeitsagentur geregelt haben“, erläutert Herr S. Doch das reicht den Mitarbeitern nicht. Sie sind sauer. Manche Mitarbeiter begleiten uns nun schon seit über einem Jahr. Und wegen 10 Tagen Verspätung beim Geldeingang wollen Sie jetzt die Arbeit niederlegen. Das tut weh. Um das Projekt so rasch und so weit umzusetzen war viel Arbeit notwendig. Das der Druck kurz vor der Eröffnung noch größer wird, hat jeder gewusst. Viele arbeiten sich auf, sind mit uns bis spät in der Nacht im Büro und frühmorgens wieder am Gelände.

Wachhaus im Bau

Wenn ich aber auf unfertige Dächer, Bauzäune und schlecht angebrachte Schutzplanen schaue, dann verstehe ich die Aufregung nicht. Immer wieder werden Termine zugesagt und dann nicht eingehalten. Es ist wie ein Schlag in den Magen. Es fühlt sich an, als ob die Verzögerungen der letzten Wochen und Monate bereits mit dem Wissen des heute angekündigten Zahlungsverzuges geschehen sind. Die Moral ist am Boden. Als nun noch die bevorstehenden Kündigungen erwähnt werden ist es aus. Wir können einpacken, denke ich und ziehe mich in den Hintergrund zurück. Wir sitzen alle im gleichen Boot, und wenn wir uns in den nächsten Wochen nicht zusammenreißen, dann kentert es.

Ich entschließe mich, die Schadensbegrenzung nach außen zu machen. Es ist nun bald drei Stunden her, dass wir den Antrag im Amtsgericht abgegeben haben. Wie wir erst später erfahren sollten, berichtet das Radio schon kurz nachdem wir das Amtsgericht verlassen, dass der Themenpark geschlossen wird. Seit zwei Stunden läutet deshalb mein Telefon. Wenn wir es noch in die Abendnachrichten schaffen wollen, dann müssen wir schnell reagieren. Alle müssen wissen, dass wir weiter am Traum arbeiten. Ich greife zum Telefon und erwische den Redakteur vom Fernsehen…